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pandemie_beginnt_unbemerkt

Nicht Covid, sondern der Umgang mit Covid hat meine Karriere zerstört

Seit ich 15 bin, mache ich Musik. Rockmusik. Das sind über 55 Jahre.

Seit ich 25 bin, arbeite ich in der alternativen Szene.

Diese war zu Beginn noch klein, überschaubar, und man nannte es in der Soziologie „Selbstausbeutung“. Weil Arbeit, Engagement und Lohn in keinem Verhältnis standen.

Deshalb habe ich heute auch nur eine minimale Rente, mit der man grad Miete und Krankenkasse bezahlen kann…

Heute ist die alternative Szene ein Wirtschaftsfaktor. Fast alle meine Freunde arbeiten in dieser.

Covid hat im ersten Lockdown einen Schock bei diesen allen bewirkt. Es wurde schon früh gegen die Massnahmen agitiert, es wurde verharmlost, es wurde gesagt, die ökonomischen Auswirkungen seien zu gross. Es wurde mehr oder weniger deutlich angemerkt, Covid bedrohe nur die Alten, und jene mit Vorerkrankungen. Wie viele das effektiv sind, wurde nie gesagt. Sie wurden „vulnerable Gruppen“ getauft, und man war sich in einigen Milieus einig, dass man diese schützen müsse, aber ansonsten müsse das Leben wieder seinen gewohnten Gang nehmen.

Ich gehöre zu den „Vulnerablen“. Ich nehme es persönlich, dass so viele meiner Freunde sich von mir abwenden, weil ich seit Anfang die Meinung vertrete, man müsse die Massnahmen unterstützen, ja man müsse selber in „Eigenverantwortung“ diese verstärken, denn die Behörden richten diese nach politischen Gesichtspunkten aus. Und in der Schweiz heisst das: Ja das bestehende System nicht gefährden. Ja den Leuten nicht ermöglichen, die wirtschaftlichen Folgen rundum wirksamer Massnahmen durch öffentliche Gelder abfedern. Was ich seit Anbeginn gefordert habe. Ohne grosses Echo.

Es wurde schon im April 2020 öffentlich gesagt, es dürfe nicht so weit kommen, dass die Menschen sich an ein bedingungsloses Grundeinkommen ohne entsprechende Arbeit gewöhnen. Ja, wirklich, schriftlich. Link irgendwo in meinem Corona-Tagebuch jener Zeit.

Seit März 2020 ist mein Milieu zusammen gebrochen. Facebook ist still geworden. Wo sind diese Leute? Ein Teil hat das frühere Leben wieder aufgenommen, es gibt wieder Veranstaltungen, mit Einschränkungen, mit Unterbrüchen. Diese werden beklagt. Verständlich. Aber von den Toten und ihren Angehörigen, von den Erkrankten, von den verschobenen Operationen höre ich aus dieser Szene nicht. Es ist als gäbe es die nicht.

Ein Teil meiner Freunde weiss so wie ich: Corona ist ein Gesundheitsproblem, für viele Unschuldige ist es gefährlich, es wird sogar gestorben. Nicht mehr so viel, aber immer noch unentschuldbar viele. Ich kenne manche, deren Leben ist direkt bedroht. Wer das hier liest übrigens auch.

Ein Teil meiner Freunde ist vollends abgedriftet. Für sie stehen nicht die Parties im Vordergrund wie für die Einen, nicht die Sorge um die Gesundheit ihrer Mitmenschen wie für Anderen. Für sie stehen irgendwelche abstrakten Prinzipien im Vordergrund. Das äussert sich praktisch in einer oft fundamentalen Gegnerschaft zu den Massnahmen.

Wir haben also drei Gruppen. „Links“ jene, die meinen, nun sei es aber genug. In der „Mitte“ die, welche Massnahmen wollen, wirksame Massnahmen allerdings. Und „Rechts“ dann die Prinzipienreiter.

Ich weiss selber nicht mehr weiter. Wie soll ich je wieder auftreten können? Denn meine ganze Szene hat sich zu Corona entweder nicht geäussert oder ist still geworden, oder sie tendieren nach „Links“. Weil dadurch die Pandemie immer wieder aufflammt und verlängert wird, macht mir das grosse Mühe.

Und gleichzeitig wird am Radio eine Balletaufführung angekündigt mit „ein bisschen Lachen, Fröhlichkeit, Vergessen“, und „wir zittern jeden Tag, dass sich jemand im Ensemble ansteckt, aber bis jetzt ist es gut gegangen“, dann bin ich spontan bei ihnen, aber dann fallen mir die Freunde ein, die direkt gefährdet sind, weil vorbelastet, und jene, die ich nicht direkt kenne, aber von denen ich gehört habe, weil ich ihre Freunde kenne… etc. Flucht ist nur möglich, wenn man sozusagen diese zurück lässt. So ist es halt. Das will einfach niemand wahr haben.

Ich werde wohl bald Instrumente und Verstärker verkaufen. Ein fürchterlicher Gedanke. Andererseits werden sie jetzt wohl im Wert steigen, denn die Ansteckungszahlen von Omikros gehen hoch, die Feiern gehen ungebremst weiter, bedrohen Weltwirtschaft, Nachschub, Angebot… Ok, eigentlich ist mir nicht nach Witzeln zu Mute.

einige meiner Postings im April und März

wenn man sich das so anschaut, wirkt das so krass… die zunehmende Unruhe, Agitation… Crescendo ab 29. Februar, der erste Fall im Kanton Bern, ich gehe in Quarantäne… erstes Posting am 4. März



Lockdown 20. März 2020! Lockdown! Lockdown!



























Danach habe ich mein Corona-Tagebuch begonnen, es war einfach nicht mehr fassbar, die Postings schienen mir sinnlos.

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pandemie_beginnt_unbemerkt.txt · Zuletzt geändert: 2021/12/28 18:36 von hotcha